Cannabislegalisierung: Keine Abstriche bei der Verkehrssicherheit zulassen

Die geplante Legalisierung von Cannabis wirft nach wie vor viele Fragen auf. Bei Verkehrspsychologen läuten hingegen die Alarmglocken. Sie sehen eine Gefährdung der Verkehrssicherheit, da durch die Legalisierung der Konsum steigen und nicht jeder in der Lage sein wird, den Konsum von der aktiven Teilnahme am Straßenverkehr zu trennen. Marie-Christin Perlich vom TÜV Thüringen geht sogar noch ein Stück weiter und sieht eine problematische Gefährdung auch durch Mischkonsum von Cannabis mit anderen Substanzen.

Aus aktuellen Studien und Erfahrungen aus anderen Ländern kann zwar keine verlässliche Aussage zum Einfluss der Cannabislegalisierung auf die Verkehrssicherheit getroffen werden, dennoch ist die Verkehrspsychologin hochgradig besorgt, dass wir uns in Deutschland durch die Hintertür mehr Verkehrsopfer holen. „Dass wir derzeit keinen allgemeingültigen Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und Unfallhäufungen herstellen können, liegt meiner Meinung nach vorrangig an der fehlenden Datenbasis. Es bedeutet eben nicht, dass die Teilnahme am Straßenverkehr nach Konsum von Cannabis als unbedenklich und unproblematisch angesehen werden kann. Besonders dann nicht, wenn wir über die Gruppe derer sprechen, die regelmäßig größere Mengen Cannabis konsumieren sowie die Personengruppe, die einen problematischen Mischkonsum von Cannabis mit Alkohol oder anderen Drogen praktizieren“, mahnt Perlich vom Institut für Verkehrssicherheit des TÜV Thüringen an.

„Was wir brauchen, ist ein kontinuierliches Monitoring des Unfallgeschehens hinsichtlich eines möglichen Konsums von Cannabis. Um künftig belastbare Aussagen zum Einfluss des Cannabiskonsums auf die Verkehrssicherheit treffen zu können, ist eine systematische Erhebung beispielsweise von Wirkstoffgehalt, Art und Zeitpunkt der THC-Messung, Zeitnähe des Konsums zum Unfallgeschehen nötig. Zu beachten ist dabei aber auch, dass bei einer regelmäßigen Einnahme von Cannabis Personenfaktoren wie Adaptionsprozesse, Toleranzentwicklung und individuell unterschiedliche Wirkungsintensität eine wesentliche Rolle spielen.“, erläutert Perlich. Solche Faktoren sind zum Beispiel: Motiv der Einnahme/des Konsums und Wirkungserwartung, allgemeine psychophysische Leistungsfähigkeit, Toleranz und Gewöhnung, Bereitschaft zu risikovermeidendem Verhalten oder aber die Wahrnehmung und Beurteilung riskanter Verkehrssituationen.

„Mir fehlen in der aktuellen Diskussion zur Cannabislegalisierung seitens der Gesetzgebung ganz konkrete Maßnahmen, um zum Beispiel für die Trennung von Fahren und Cannabiskonsum zu sensibilisieren oder zu informieren. Ich wünsche mir hier eine ähnliche Stoßrichtung wie bei den erfolgreichen Alkoholkampagnen“, ergänzt die Verkehrspsychologin. Hierzu sollten zielgruppenorientierte und theoriebasierte Aufklärungskampagnen entwickelt werden. Besonders kritisch sieht Marie-Christin Perlich eine noch nicht geklärte Werbeerlaubnis für Cannabisprodukte. „Mit der Legalisierung von Cannabis sollte von Anfang an ein striktes Werbeverbot einhergehen. Der THC-Gehalt sollte unbedingt reguliert werden. Verharmlosende Produktvarianten wie THC-Gummibärchen gehören meines Erachtens auf die Verbotsliste“, fordert die Verkehrspsychologin vom TÜV Thüringen.

 

Weiterführende Informationen zum Thema können auch in einer umfangreichen Arbeit von Fastenmeier und Söllner (https://www.dgvp-verkehrspsychologie.de/die-legalisierung-von-cannabis-in-verschiedenen-laendern/) sowie einer daraus abgeleiteten Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie gefunden werden.